Online-Journalismus – geht es auch ohne Katzenvideos?

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Der heutige Beitrag ist eine Zusammenfassung meines Workshops, den ich relativ spontan am letzten Wochenende beim Jahrestreffen der Jungen Verlagsmenschen gehalten habe. Damit schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe: Es gibt endlich wieder neuen Lesestoff in diesem Blog (Mea culpa – das Semester hat mich doch mehr in Anspruch genommen als gedacht) und ich kann den Teilnehmern und weiteren Interessierten auf einfache Art eine Zusammenfassung bieten. Ach, und ich mache noch etwas Werbung für meinen Blog – das sind ja sogar schon drei Dinge. 😉

Los geht’s:
In diesem Workshop sollte es um die Zukunft des Online-Journalismus gehen, vor allem um neue Geschäftsmodelle, mit denen sich tatsächlich genügend Geld verdienen lässt, um sich um Netz refinanzieren zu können, ohne dass Print etwas quersubventionieren muss. Das ganze Thema habe ich an fünf Beispielen aus dem Ausland (vorrangig aus dem Ausland) vorgestellt, die ganz unterschiedliche Ideen umsetzen. Aber zunächst gilt es einen Blick auf die heutige Situation in den deutschen Presseverlagen zu werfen …

Ausgangslage:
Seit jeher finanziert sich die Presse über die zwei Säulen: Vertriebs- und Anzeigenerlöse. Beide standen in den letzten Jahren allerdings unter Druck, wie die folgenden Zahlen verdeutlichen:

  • Sinkende Auflagen: Laut Zahlen des BDZV sind die Auflagen der Tageszeitungen seit 1996 (25.2 Mio. Ex.) um mehr als 21 Prozent gesunken (2014: 19,78 Mio. Ex.). Eine Entwicklung, die auch strukturellen Entwicklungen geschuldet ist, aber mal ehrlich: Wer von den Unter-30-Jährigen hat noch eine Tageszeitung abonniert/liest sie regelmäßig oder kann sich vorstellen das in Zukunft tun?
  • Gesunkene Werbeeinnahmen: Hier ist die Entwicklung noch gravierender: Seit 2008 haben sich die Nettowerbeeinnahmen in Print fast halbiert (-42 Prozent, von 6,9 Mrd. € auf 2,92 Mrd. € 2013, auch wieder Zahlen des BDZV).

Natürlich besteht ein Zusammenhang zwischen gesunkener Auflage und Werbeeinnahmen, aber noch stärker sind daran die Auswirkungen des Medienwandels abzulesen – also das Abwandern der Werbeetats aus Print vorwiegend zu Online. Dort landen die Umsätze natürlich zum Teil wieder im Topf der Verlage, aber ein Großteil (z.B. die Rubrikenmärkte wie Immobilien, Jobs und Auto) sind in neue Portale abgewandert. Auch Google, Facebook & Co. beanspruchen inzwischen einen Großteil des Online-Werbekuchens für sich. Dazu kommt: Online-Werbung ist im Vergleich zu Print-Werbung vergleichsweise günstig, sodass die ursprüngliche Vision: Sich nur über Werbung im Netz finanzieren zu können bis auf wenige Ausnahmen für die meisten Verlage nur ein Traum bleiben wird.

Die Folge in den meisten Redaktionen wird Outsourcing betrieben oder Redaktionen werden gleich ganz zusammengelegt. Andere Verlage, wie Axel Springer, die 2013 mit dem Verkauf ihrer meisten Zeitungen und Zeitschriften, scheinen auch nicht mehr an die Zukunft des Print-Journalismus zu glauben. Mit diesen Maßnahmen geht ein Qualitäts- und Relevanzverlust einher, den man aktuell an der Vertrauenskrise und der großen Kritik am Online-Journalismus sehen kann. Es ist also eine Transformation notwendig, die dem Strukturwandel in der Medienlandschaft Rechnung trägt, damit die Verlage, die wir heute kennen und vielfach auch schätzen, auch in 10 oder 20 Jahren noch da sind.

Was muss passieren?
In den Köpfen der Redakteure (und auch der Verlagsmanager) muss ein Umdenken stattfinden: die Arbeitsweise der Journalisten muss heute eine andere sein als vor 20-30 Jahren. Wir sind mit ganz anderen Geschwindigkeiten, neuen Recherche- und Darstellungsmöglichkeiten sowie einer höheren Interaktion mit den Lesern (vor allem durch die Sozialen Netzwerke) und gleichzeitig mit dem Risiko konfrontiert, dass die Informationen immer schwieriger überprüfbar sind. Das erfordert von den Journalisten eine Palette an neuen Kompetenzen, vor allem im technischen Bereich.
Das Internet kann Journalismus in einer ganz neuen Art erzählen: die Formate müssen sich also an das neue Medium, insbesondere an die mobile Nutzung, anpassen. Der Artikel mit seinem klassischen Aufbau und seiner beschränkten Länge sowie das Denken in Ressorts sind Überbleibsel aus der Print-Welt, die es im Digitalen eigentlich nicht mehr braucht. Was kann es stattdessen geben? Neben den vielen multimedialen Optionen bewegt sich Online-Journalismus auch immer zwischen den beiden gegensätzlichen Polen: so aktuell wie möglich, aber im Zweifel wird der Artikel auch in fünf Jahren noch gefunden und gelesen. Wie kann man damit umgehen?
Die deutschen Verlage nutzen meiner Meinung nach noch zu wenig die Möglichkeiten bei der Contenterstellung oder Monetarisierung zu experimentieren und aus diesen Erfahrungen, auch wenn sie negativ sind, zu lernen (das hat sicher mit der deutschen Einstellung zum Scheitern zu tun, das in anderen Ländern, zum Beispiel in den USA, viel positiver konnotiert ist). Stattdessen wird in letzter Zeit das Thema Paid Content hochgejubelt, aber dabei wird nicht auf innovative Modelle wie Micropayment oder Crowdfunding gesetzt, sondern wieder der Versuch unternommen die alten Modelle aus der Print-Welt (nämlich das Abonnement) ins Digitale zu übertragen.
Bisher halten sich die Erfolgsmeldungen in diesem Bereich allerdings in Grenzen, woran das wohl liegt? Wie könnten die Alternativen aussehen? Die folgenden Beispiele stellen sicher nicht DEN einen Königsweg dar, aber sie zeigen Ansätze, mit denen Online-Journalismus auch in Deutschland finanziell tragbar sein könnte.

Beispiel 1: Huffington Post
HuffPo
Viele haben eine eher abschätzige Meinung zu dem 2005 gegründeten News-Portal, vor allem wegen der Gratis-Mentalität (also für Beiträge von Gastbloggern nichts zu zahlen) und dem Vorwurf sich durch die Aggregation von Informationen an deren Seiten zu bereichern ohne eigenen Journalismus zu betreiben. Auch die Frage, ob die Inhalte überhaupt genug Relevanz aufweisen um mit traditionellen Pressehäusern verglichen werden zu können, oder ob sie nicht nur seichten Katzencontent und die 100. Liste bieten, wird oft gestellt.
Allerdings gibt ihnen der Erfolg irgendwie recht (zumindest die US-Seite, die deutsche Seite steht hier nicht im Mittelpunkt): Mit 115 Mio. Unique Visitors ist die Huffington Post die meistgelesene Nachrichtenseite der USA und sie hat 2012 sogar den Pulitzerpreis für eine Reportage über Kriegsveteranen gewonnen (auch wenn das die Qualitätsdiskussion nicht beendet, es zeigt, dass sich nicht alle Vorurteile bestätigen).
Die Stärken liegen meiner Meinung in der Fokussierung auf die sozialen Netzwerke als Nachrichtenkanal (5,1 Mio. Facebook-Fans und 6 Mio. Twitter-Follower) und dem unglaublichen Output von durchschnittlich 1900 Artikeln pro Tag (der natürlich nur möglich ist, weil die Seite nicht alle Inhalte selbst recherchiert und erstellt, sondern eben häufig verlinkt und aggregiert). Daneben liegt der USP vor allem in der Anwendung technischer Möglichkeiten über das Nutzungsverhalten der Leser, zum Beispiel durch Headline-Tests oder das automatische Priorisieren von häufig geklickten Artikeln auf der Homepage. Die Arbeit der Redakteure fängt nach der Veröffentlichung des Artikels erst richtig an, ganz im Gegensatz zur traditionellen Print-Redaktion.
Finanziert wird die Website über Werbung, allerdings nicht die übliche, oft nervtötende Banner-Werbung, sondern Native Advertising, also der Einbindung von bezahltem Content mit entsprechender Kennzeichnung in das redaktionelle Umfeld, zum Beispiel Listen, Quizzes, Videos oder Feature Articles (auch das wird von deutschen Medienhäusern häufig kritisiert).
Man kann von der Huffington Post halten, was man will, aber ihr Ansatz mit Datenanalyse den Journalismus stärker an den Bedürfnissen der Nutzer auszurichten, ist richtungweisend für die Auffindbarkeit von Inhalten im Netz.

Beispiel 2: Mediapart
Mediapart
Auf diese französische Online-Zeitung bin ich erst durch die Recherchen für meinen Workshop aufmerksam geworden. Deutsche Verlagsmanager werden neidisch zu unserem Nachbarn schauen, denn hier scheint das zu funktionieren, worauf hierzulande so viele hoffen: Online-Journalismus refinanziert sich komplett über die Leser in Form einer harten Pay-Wall. Auf dem 2008 gegründeten Portal sind nur die Abstracts der Artikel lesbar, alles andere verschwindet hinter der Bezahlschranke. Das Abo-Modell sieht folgendermaßen aus: 15 Tage sind für einen schlappen Euro zu haben, für einen Monat zahlt man 9 Euro und das Jahresabo kostet 90 Euro. Im Vergleich dazu: Für das Digital-Abo der Welt zahlt man 12,99 € im Monat. Aktuell gibt es etwas mehr als 100.000 Abonnenten (auch hier lohnt der Vergleich zur Welt mit nur 60.000 zahlenden Digital-Abonnenten). Mediapart kommt komplett ohne Werbung aus und erwirtschaftete nur über Vertriebserlöse 2014 einen Gewinn von 1,4 Mio. €.
Was ist das Besondere an der Seite? Sie hat sich in den letzten Jahren einen Ruf als DIE investigative Plattform erarbeitet, die große politische Staatsaffären in Frankreich aufdeckt. Dabei kommt ihr die mangelnde Abhängigkeit von großen Konzernen aufgrund der nicht vorhandenen Anzeigen zu Gute. Statt Quantität wie bei der Huffington Post regiert Qualität: Pro Tag gibt es nur etwa 8-10 neue Texte, die dafür aber oft lang und das Ergebnis intensiver Recherchen sind. Der Themenfokus liegt dementsprechend auf harten Themen wie Politik und Wirtschaft, zu denen eine exklusive Berichterstattung möglich ist (weiche Themen wie Sport oder Lebensart sind gar nicht zu finden). Zu dem Erfolg, vor allem in der Anfangszeit, hat sicher auch die Popularität der Gründer beigetragen, die alle von großen Medienhäusern wie Le Monde oder Libération kamen.
Die Fragen, die sich stellen, sind natürlich: Funktioniert das in Deutschland? Ist das Modell auf ein großes Medienhaus übertragbar? Ich glaube, dass das in Deutschland nur schwer umsetzbar ist, denn unsere Presselandschaft mit der Vielzahl an regionalen Titeln ist ganz anders beschaffen und für einen großen Verlag mit angeschlossener Print-Redaktion und evtl. sogar Druckerei wird die Kalkulation deutlich anders ausfallen. Hier kommen die Vorteile einer kleinen, schlanken Online-Redaktion ohne große Overhead-Kosten zum Tragen. Aber ich musste sofort an den Versuch der deutschen Krautreporter denken, die ja auch versuchen, mit einem reinen Online-Portal gegen Bezahlung der Leser und ohne Werbung Journalismus in der digitalen Welt zu finanzieren. Allerdings sind gravierende Unterschiede zu sehen: es gibt keine harte Paywall (Lesen kann man also auch ohne zu zahlen) und die Themen sind weicher und damit austauschbarer – der Zwang eines Abos, weil man nur auf dieser Seite eine bestimmte Information erhält, besteht damit nicht.
Trotz allem finde ich den Gedanken sehr ermutigend, dass es journalistische Online-Portale gibt, die sich komplett über Paid Content finanzieren – mit den richtigen Geschichten und dem passenden Modell kann das sicher irgendwann auch in Deutschland funktionieren.

Beispiel 3: Politico
Politico
Dieses US-amerikanische Portal für Nachrichten aus der Politikwelt in Washington, das es seit 2007 gibt, hat in letzter Zeit auch in Europa für Schlagzeilen gesorgt. Im April 2015 ist nämlich ein europäischer Ableger in Brüssel gestartet, an dem u.a. der deutsche Medienkonzern Axel Springer beteiligt ist.
Auf den ersten Blick unterscheidet sich die Seite gar nicht so sehr von bekannten Nachrichtenseiten, allerdings haben es die Macher von Politico perfektioniert sich eine Themennische zu suchen, in der die Leser bereit sind für exklusive Informationen zu bezahlen – im Zweifel sogar sehr viel Geld.
Das Modell fußt auf zwei Säulen: es gibt einen kostenlosen, werbefinanzierten Bereich, der sich aus der Website (frei zugänglich für jeden), verschiedenen Newslettern und einer kostenlos in Washington verteilten Wochenzeitung in gedruckter Form zusammensetzt. Bis auf die kostenfreie Print-Ausgabe (was deutsche Verlagsmanager sicher ungläubig zurücklässt) nichts Ungewöhnliches, interessant wird es mit dem Premium-Bereich Politico Pro: die dortigen Inhalte sind hinter einer Bezahlschranke versteckt. Herzstück sind die so genannten Vertical-Letters – Newsletter, die zu sehr speziellen Politik-Themen exklusive Informationen bereithalten, die für das Politik-Geschehen und die Karrieren der Leser so relevant sind, dass sie dafür bereit sind, zwischen 60000 und mehreren 100.000 US-Dollar zu zahlen (je nach Umfang des Abonnements). Diese Informationen sind für die Leser nur schwer zu beschaffen, mit Politico wird es ihnen erleichtert.
Auch hier fällt wieder auf: die Exklusivität der Information in Kombination mit der Notwendigkeit der Leser, diese zu besitzen, sind die entscheidenden Faktoren für die Zahlungsbereitschaft. Hinzu kommt die Serviceorientierung: Den Fokus legt Politico auf das morgendliche Agenda-Setting (also was ist heute wichtig?) und das mit aktuellsten Informationen – nicht wie die Tageszeitung, deren Informationsstand der vom Vorabend ist – weil sie verstanden haben, dass sie damit ihren Lesern einen wirklichen Mehrwert bieten können.
Außerdem spielen auch hier die Autoren eine wichtige Rolle, die über sehr gute Kontakte in der Politik-Szene verfügen und nur so an viele exklusive Informationen herankommen. Ihre Popularität färbt also positiv auf das Image des Portals ab. Fraglich ist natürlich auch in diesem Fall, inwiefern dieses Modell auf Deutschland übertragbar ist. Erste Indizien könnte die Entwicklung der EU-Version liefern …

Beispiel 4: NowThis
NowThis
Dieses Portal ist wohl das Beispiel mit dem größten disruptiven Ansatz: die News bestehen ausschließlich aus möglichst kurzen Videos (Ziel: maximal 30 Sekunden) und sie werden ausschließlich über soziale Netzwerke und Apps ausgespielt. Eine Homepage, die für alle Medienhäuser die selbstverständliche Heimat der eigenen Nachrichten darstellt, auf die man alle Leser locken will, existiert einfach nicht. Einige der Logos der hier bedienten Apps sind für viele deutsche Journalisten wahrscheinlich ein Buch mit sieben Siegeln. Damit macht sich das 2012 gegründete Portal natürlich sehr von den Netzwerken abhängig, aber sie haben erkannt, dass man die Nutzer am besten erreicht, indem man sie dort abholt, wo sie eh schon unterwegs sind. In diesem Fall der Digital Natives auf dem Smartphone und den dort beliebtesten sozialen Apps. Zwar brechen die bisherigen Nutzer-Zahlen von NowThis noch keine Rekorde (Facebook: 1,1 Mio. Fans, Twitter: 366.000 Follower, Instagram: 147.000 Abonnenten, Vine: 312.000 Follower – Stand: Ende Juli 2015), aber insbesondere die Teilraten auf Facebook fand ich schon erstaunlich: bei vielen Beiträgen wird in kurzer Zeit tausendfach auf den Share-Button gedrückt. Ein Beispiel aus der jüngsten Zeit: Das Video über den Gefängnisausbruch eines mexikanischen Verbrechers wurde mehr als 46.000 Mal geteilt, hat über 28.000 Likes bekommen und wurde mehr als 3000 Mal kommentiert. Dabei handelt es sich, wie das Beispiel belegt, oft gar nicht um weltbewegende Ereignisse, aber die Redaktion hat anscheinend ein gutes Gespür, wie sie Inhalte viral aufbereitet. Das zeigt einen weiteren USP der Seite: die Beiträge sollen die Vorteile der Netzwerke und Apps nutzen, in dem sie sich viral verbreiten.
Allerdings wird an NowThis häufig kritisiert, dass das Videomaterial aus anderen Quellen stammt und nur mit reißerischen Headlines und Musik angereichert wird. Außerdem erscheinen die Themen oft wenig relevant und stellen bewegende Einzelschicksale in den Vordergrund. Wie hoch ist da der tatsächliche Nachrichtenwert für die Gesellschaft? Auch die Frage nach einem funktionierenden Geschäftsmodell beantwortet das Start-Up, das erst 2012 gegründet wurde, noch nicht, da sie zurzeit noch von Investorengeld, zum Beispiel von NBCUniversal, leben.

Beispiel 5: BBC
BBC
Das letzte Beispiel illustriert, dass auch traditionelle große Medienhäuser innovative Ansätze im Online-Journalismus ausprobieren. Die BBC versucht mit verschiedenen Pilot-Projekten neue Leserschichten in Entwicklungs- oder Schwellenländern zu erreichen, die bisher keinen Zugang zu Nachrichten hatten. Zum Einen, weil klassische Medien in den häufig ländlichen Gegenden nicht verfügbar snd; zum Anderen weil viele von ihnen nicht richtig lesen können.
Diese Nutzer erreicht die BBC neuerdings über Chat-Apps wie WhatsApp oder Viber mit Bildern oder Videos, mit denen sich die Nutzer über die aktuelle Situation in ihrer Region informieren können, bisher wurde das Ganze beispielsweise zur Wahl in Indien, zur Ebola-Seuche in Afrika oder zum Erdbeben in Nepal angeboten. In Indien gewann man über diesen Weg 15.000 Interessierte, in Afrika sogar 22.000. Noch sind die Zahlen für ein so großes und international agierendes Unternehmen wie die BBC nicht übermäßig groß, aber das Spannende daran ist, dass man wirklich neue Zielgruppen erreichen kann.
Ebenfalls attraktiv ist die hohe Aufmerksamkeit, die man über die Chat-Apps bei den Nutzern erhält. Dank der Push-Funktion landet die News direkt auf dem Smartphone des Nutzers, der diese im Zweifel sofort anschaut. Damit wird der Herausforderung der mangelnden Sichtbarkeit entgegengewirkt, mit der sich alle Medienhäuser konfrontiert sehen, denn wenn man bei Google nicht ganz oben steht und auf Facebook nur noch jeder x.te Beitrag an die eigenen Fans ausgespielt wird, kann der Beitrag noch so interessant für den Leser sein, er wird einfach nicht gefunden.
Problematisch ist jedoch, dass die Chat-Apps nicht als Vertriebskanal für Nachrichten ausgelegt sind, sodass es einerseits für den Nutzer umständlich ist die Nachrichten zu abonnieren (die BBC hat dazu immer eine ausführliche Anleitung auf ihrer Seite hinterlegt) und andererseits die Pflege der Chat-Gruppen für die Redaktion mit hohem Aufwand verbunden ist.
Noch dazu, da sich die Experimente bisher auf aktuelle Ereignisse beschränken. Sobald diese vorbei sind, ist auch die angelegte Gruppe irgendwann nicht mehr aktiv und der Aufbau eines Nutzerstamms muss von Neuem beginnen.
Zudem eignet sich diese Strategie nicht für virale Inhalte, da die one-to-one-Kommunikation im privaten Rahmen stattfindet.
Dennoch könnte dieser Ansatz bei bestimmten Themen auch für deutsche Medienhäuser interessant sein und zumindest die Einbindung eines WhatsApp-Sharing-Buttons (den gibt es allerdings bisher nur für iOS) könnte spannende Erkenntnisse ergeben, wie das Beispiel des FC Valencia aus der Auswertung des NiemanLab zeigt.

Damit endet meine kleine Reise durch die spannende Welt der Journalismus-Innovationen. Ich hoffe, ich konnte mit diesem Beitrag nicht nur den Workshop-Teilnehmern als Back-Up ein paar interessante neue Erkenntnisse liefern. Falls euch weitere Beispiele einfallen, die in diese Reihe passen, freue ich mich über eure Kommentare.

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